Faktoren, Die Zu Den Aufständen Von 1915 Geführt Haben
Der beginnende Zerfall des Osmanischen Reichs rief Russland, Großbritannien, Frankreich und Österreich auf die Bühne der internationalen Politik. Zu dieser Zeit grenzten sich die Armenier vom Rest der Gesellschaft ab und etablierten sich bewusst als die unterdrückte Volksgruppe. Hier setzen die Entwicklungen ein, die den Weg für die Ereignisse von 1915 bahnten.
Russland marschierte 1877 in Ostanatolien ein und erwarb mit dem Versprechen eines unabhängigen armenischen Staates die Unterstützung der armenischen Bevölkerung.
Die Armenierfrage wurde zum ersten Mal im Abkommen von Yeşilköy (vormals „Abkommen von Ayastefanos/San Stefano“) erwähnt, das am Ende des osmanisch-russischen Krieges unterzeichnet wurde sowie im nachträglich verabschiedeten Berliner Vertrag: „ Durch die Evakuierung der Regionen in Armenien, die von russischen Streitkräften besetzt und dem Osmanischen Staat zu überlassen sind, kann die freundschaftlichen Beziehungen der beiden Staaten in diesen Regionen destabilisieren und ins Chaos stürzen. Der Osmanische Staat garantiert, ohne Zeit zu verlieren, für die Wiedergutmachung und nötigen Maßnahmen im Sinne der Interessen der lokalen Bevölkerung in diesen Provinzen, in denen die Armenier leben, zu sorgen und garantiert den Armeniern Schutz vor Kurden und Tscherkessen.“
1878 wurde der am Ende des Berliner Kongresses unterzeichnete Berliner Vertrag wie folgt abgeändert: „Der Osmanische Staat garantiert, ohne Zeit zu verlieren, für die Wiedergutmachung und nötigen Maßnahmen im Sinne der Interessen der lokalen Bevölkerung in diesen Provinzen, in denen die Armenier leben, zu sorgen und garantiert den Armeniern Frieden und Schutz vor Kurden und Tscherkessen. Und weil es die betroffenen Staaten über diese Schutzmaßnahmen in Kenntnis zu setzen hat, haben diese Staaten die Umsetzung dieser Schutzmaßnahmen zu überwachen. “
Obwohl die Armenier, die ja nach Autonomie strebten, nicht wirklich mit dieser im Vertrag festgelegten Bestimmung zufrieden waren, ist das bemerkenswerte hier, dass der Armenierkonflikt zum ersten Mal schriftlich in einem internationalen Dokument erwähnt wurde, und sich daraus ergab, dass die Region als „Armenien“ bezeichnet wurde.
Aufstände
Hier finden Sie einen Überblick über eine Reihe an Aufständen unter armenischer Führung, die die Reaktion des Osmanischen Reiches 1915 zur Folge hatten:
Der Vorfall von Musa Bey
Der Vorfall von The Erzurum
The Kumkapı-Demonstration
Der Erste Aufstand von Sasun
Der Aufstand von Zeytun
Der Aufstand von Van
Die Besetzung der Ottomanischen Bank
Der Zweite Aufstand von Sasun
Das Yıldız-Attentat
Der Vorfall von Adana
Der Vorfall von Bursa
Der Vorfall von Fındıkcık
Der Vorfall vom Mosesberg
Der Vorfall von Sebinkarahisar
Der Vorfall von Urfa
Die Vorfälle von Izmit und Adapazarı
Die Kirche Und Die Unabhangigkeitsmission
Der Traum eines unabhängigen armenischen Staates lässt sich bis zu den Ansichten, die Migirdiç Hirimyan propagierte, zurückverfolgen.
Hirimyan wurde 1820 in Van geboren und predigte 1854 in der armenischen Akdamar-Kirche (Kirche zum Heiligen Kreuz). Seine Arbeit — in der Kirche sowie außerhalb als Herausgeber der Zeitungen „Der Adler von Van“ und „Der Adler von Mus“ — dienten Hirimyan als eine erste Plattform, auf der er seine Vision von einem autonomen armenischen Staat im Osmanischen Reich vorantreiben konnte.
Hirimyan wurde 1869 in Istanbul zum armenischen Patriarchen gewählt, wo er sich für die erneute Untersuchung der „Bestimmungen für das armenische Volk“ einsetzte und eine Überarbeitung gemäß den Bedürfnissen der einzelnen Provinzen forderte. Mit seinen Ideen stieß er jedoch auch unter den Armeniern auf starke Kritik und wurde von ihnen sogar als Bedrohung für die Einheit des Osmanischen Reiches gesehen. Er legte sein Amt 1873 nieder, doch seine Bestrebungen bildeten die Basis für die aufkommende armenische Frage.
Der Russisch - Osmanische Krieg
Vor dem russisch-osmanischen Krieg (1877-1878) hatten die Armenier zwei Optionen:
a. Dem Osmanischen Staat und dem türkischen Volk treu zu bleiben;
b. Sich bei der militärischen Intervention auf die Seite der europäischen Großmächte zu stellen.
Nach Kriegsende veränderte sich die Situation der Armenier drastisch. Patriarch Nerses beschrieb dies am 13. April 1878 in einem Brief an den britischen Außenminister, Lord Salisbury: „Ein Zusammenleben von Armeniern und Türken ist nicht länger möglich. Nur eine christliche Verwaltung kann für Gleichheit, Gerechtigkeit und Gewissensfreiheit sorgen. Die muslimische Verwaltung sollte durch eine christliche ersetzt werden. Armenien (Ostanatolien) und Kilikien sind jene Regionen, in denen diese christliche Verwaltung gegründet werden sollte… Dies ist der Wunsch der türkischen Armenier… Das bedeutet also, dass eine christliche Administration im türkischen Armenien, sowie im Libanon gefordert wird.“
Die Armenierfrage
Während eines Besuchs des britischen Botschafters des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten am 17. März 1878 sagte der armenische Patriarch Nerses: „Vor einem Jahr hatten wir keine Probleme mit der osmanischen Verwaltung.
Der Sieg Russlands hat die Situation jedoch verändert. Wir fordern ein autonomes Armenien im Osten. Wenn ihr uns nicht helft könnt, werden wir uns an Russland wenden.“ Auf die Frage des Botschafters, was Nerses mit „Armenien“ meinte, erwiderte dieser: „Van, Sivas, Diyarbakir und Kilikien.”
Der Botschafter entgegnete darauf: „Ja aber an keinem dieser Orte seid ihr in der Mehrheit.“ Der Patriarch antwortete: „Das wissen wir. Dennoch erweitert Russland gerade sein Gebiet. Das Machtverhältnis zwischen Russland und dem Osmanischen Reich hat sich verändert. Wir müssen jetzt an unsere eigene Zukunft denken.“
Der russisch-osmanische Krieg endete mit einem Friedensabkommen am 31. Jänner 1878. Es war während dieser Friedensverhandlungen, dass der Patriarch, neben anderen Mitgliedern der armenischen und russischen Delegation, forderte, dass ein Artikel über die armenische Frage hinzugefügt werden solle, was auch geschah. Am 3. März 1878 unterzeichneten Russland und der Osmanische Staat das Abkommen von Ayastefanos (Yeşilköy/San Stefano).
Dass Armenien in den 16. Artikel des Abkommens aufgenommen wurde, zwang das Osmanische Reich Armenien als einen Staat anzuerkennen. Die Armenierfrage wurde als eine „Angelegenheit von Reformen“ zugunsten der Armenier in das Abkommen mitaufgenommen und von den Staaten des Osmanischen Reiches umgesetzt werden sollten. Diese Übereinkunft wurde jedoch nie umgesetzt. In Folge des Abkommens besuchte der Erzbischof von Besiktas, Horen Nar Bey, Russland und forderte die Unterstützung des Zaren, der sich im Berliner Kongress für den Schutz der Armenier einsetzen sollte.
Eine Delegation besuchte Rom, Wien, Paris und London, angeführt durch den ehemaligen Patriarchen Hirimyan, um dort Unterstützung für den „armenischen Kampf“ (Hai-Tahd) zu sammeln. Die Delegation wollte 7 Artikel verabschieden, in denen die Forderungen der Armenier nach der Errichtung eines autonomen armenischen Staates in der Türkei detailliert dargelegt werden sollten. Zusätzlich zu diesen Aktivitäten schrieb Patriarch Nerses Varjabedyan an den Vorsitzenden des armenischen Komitees in Manchester, Karekin Papazyan, und dankte ihm für die Unterstützung durch Russland und Großbritannien.
In seiner Korrespondenz sendete Patriarch Nerses die von der Kirche erhobene Zahl der Armenier — Statistiken, die wir heute korrekterweise als falsch zitieren können. Nuryaz Çeraz, ein Dolmetscher für den Berliner Kongress, beschrieb: „Der Berliner Kongress schuf die Basis für eine nationale Struktur (den Staat Armenien)…
Europa hat uns mit Waffen ausgestattet; diese müssen wir nun einsetzen, bevor sie zu rosten beginnen…
Durch den Berliner Kongress haben wir eine Goldmine erworben. Es ist nun unsere Pflicht, sie zu bewirtschaften und das Gold zu fördern.“ In dieser Aussage spiegelt sich die Absicht der Armenier wider, zu den Waffen zu greifen und die Europäer zu unterstützen. Patriarch Nerses Varjebedyan war von der Notwendigkeit einer Revolution überzeugt. Im Namen ihrer „Reformkommission“ luden er und die Mitglieder der Gruppe die Armenier ein, sich der Revolution anzuschließen und erklärte, wie sie es bewerkstelligen könnten.
Diese Aktivitäten des Patriarchats wurden später dem Innenminister gemeldet:
• Das Patriarchat begann, Rundschreiben über die Vorbereitung einer Revolution und Aufstands an die Bischöfe zu senden.
• Das Patriarchat setzte ältere Bischöfe ab oder ermordete sie, wenn sie die Regeln des Patriarchats nicht befolgten und die Meinung vertraten, dass für den Armeniern ein Aufstand nichts bringen würde.
• Das Patriarchat sendete geheime Rundschreiben an die europäischen Staaten, in denen Sie angaben, dass sie in den „sechs Provinzen” in der Überzahl seien.
• Das Patriarchat verbreitete in der europäischen Presse Propaganda gegen die Türken, um Sympathien für die Armenier zu wecken. Es stellte gewöhnliche Verbrechen als eine Reihe an Ereignissen dar, die als Völkermord anzusehen seien. Das Patriarchat hat einfach eine Kampagne betrieben, um die Türken durch nichts als die Verzerrung von Tatsachen zu verhetzen.
• Das Patriarchat erhob bei den Armeniern Steuern unter dem Vorwand, sie „entlasten“ zu wollen. Mit diesen Geldern wurden bewaffnete Banden von Russland bis Ostanatolien finanziert. Nerses Varjabedyan starb 1884. Der Bischof von Erzurum, Haratyun Vehabedyan, wurde 1885 sein Nachfolger. Vehabedyan kritisierte die Ansichten von Migirdiç Hirimyan und Nerses Varjabedyans‘ Patriarchat und er hielt es für sinnlos, sich bei der Lösung der problematischen türkisch-armenischen Verhältnisse auf Europa zu verlassen.
Während des dreijährigen Patriarchats von Vehabedyans expandierten die armenischen Revolutionsparteien nach Europa und Amerika. Die Partei Armenagan wurde 1885 als erste politische Partei Armeniens in Van gegründet. 1890 hatten die Armenier ihre erste marxistische Partei, die revolutionäre Hinçak-Partei, gegründet.
Im Zuge eines Aufstandes am 31. März 1909 wurde die Regierung in Istanbul abgesetzt — eine Chance, die die Armenier schnell für sich nutzten. Mit der Ermutigung des armenischen Erzbischofs zu Adana und der Hinçak-Partei kam es am 14. April 1909 zu einem Aufstand der Armenier. Die Kämpfe dauerten 13 Tage an, in Adana kamen 20.000 Türken und Armenier ums Leben.
Der Niedergang Des Osmanischen Reiches
Am 30. Oktober 1918 beendete der Waffenstillstand von Mondros das Kriegsgeschehen im Mittleren Osten zwischen dem Osmanischen Reich und den Alliierten. 1923 wurde die Republik Türkei gegründet und es wurde die Konferenz von Lausanne gehalten, ein Treffen zur Suspendierung der Reparationen nach dem Ersten Weltkrieg.
Plötzlich scheuten sich die Großmächte davor, die Armenier zu unterstützen, um möglichen Konflikten mit der Türkei aus dem Weg zu gehen. Die Armenier beobachteten diese Entwicklung mit großer Sorge. Wie Dikran Kevorkan, das Kirchenoberhaupt der Kandili-Kirche, feststellte: „Die Türkei ist das einzige Land, in dem die Armenier ihre Identität uneingeschränkt und kraftvoll leben können.
Die Armenier, die im Ausland in Diaspora leben, ändern ihre Namen, bevor Sie ihr neues Leben beginnen, denn in jenen Ländern herrscht eine Politik der Assimilation. Die in Diaspora lebenden Armenier, die gegen die Türkei sind, wissen nur zu gut, dass der Opfergang in manchen amerikanischen Kirchen auf Englisch gehalten wird.
Diese Armenier sind im Begriff, ihre eigene Sprache zu vergessen. Doch wenn man das laut ausspricht, wird man kritisiert. Daher drücken wir, die armenischen Bürger der Türkei, unsere Trauer aus. Warum? Weil es unfair ist, sich gegen die Kuvay-i Milliye („Nationale Kräfte“) zu widersetzen, die Atatürks Kommando unterstehen. All dies sind Intrigen der Außenseiter, unter ihnen die PKK, ASALA (Armenische Geheimarmee zur Befreiung Armeniens) und dergleichen. Dies sind die Regeln der Außenseiter. Wir, das türkische Volk, sind der Meinung, dass das unfair ist. Wenn die Armenier weise sind, werden sie sich nicht instrumentalisieren lassen.“
Chronologie
-
1022
1022
Annektierte Kaiser Basileios II armenische Gebiete an das Byzantinische Reich, 40.000 Armenier wurden nach Anatolien deportiert.
-
1046
1046
Ließ Konstantin IX, Kaiser des Byzantinischen Reichs, armenische Landesherren töten.
-
1054
1054
Sultan von Seljuk, Tugrul Bey, den Armeniern die Unabhängigkeit.
-
1098
1098
Verbündeten sich die Armenier mit den Kreuzrittern.
-
1461
1461
Berief SultanMehmed der Eroberer den armenischen Bischof Hovakim nach Istanbul und ehrte ihn mit dem „Patriarch“- Titel. Später erhielten die Armenier einige Privilegien.
-
1567
1567
Vor der Einführung der türkischen Druckerpresse 160 Jahre zuvor, erhielt der Priester Apk aus Sivas, der in Venedig Gelehrter war, die Erlaubnis, in Istanbul eine armenische Druckerpresse in Betrieb zu nehmen.